Dadurch, dass wir gestern das Hotel gewechselt und uns auch zweimal kurz aufs Ohr gelegt hatten, hatten wir das Gefühl, schon zwei Tage in Indien zu sein. Aber nein, wir waren am 10.02.2023 um 0:30 Uhr in Delhi gelandet, haben von 3:30 Uhr bis 7:30 Uhr geschlafen, dann das Hotel gewechselt, nochmal von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr geschlafen und sind dann um 20:00 Uhr ins Bett gegangen. So ein Hotelwechsel kann einen schon mal verwirren …
Das Frühstück im Hotel „City Star“ war, freundlich gesagt, nicht so gut, aber dafür war es richtig teuer. Man hatte das Gefühl, dass sie hier mehr auf Touristen eingestellt sind. Im Hotel „The Prime Balaji Deluxe“ war es wesentlich besser, vor allem das indische Essen.
Nach dem nicht so besonderen Frühstück sind wir zum Bahnhof gegangen, um das Bahnticket nach Haridwar zu besorgen. Der Touristenschalter ist nicht mehr im Bahnhof sondern 300m weiter in einem separaten Gebäude. Beratung gibt es keine, man muss vorher wissen, mit welchem Zug man wann von wo nach wo fährt. Am Schalter werden nur Tickets verkauft. Dazu muss man ein einfaches Formblatt ausfüllen und seinen Reisepass vorlegen. Am meisten Zeit verbringt man mit warten, da man sich erstmal in die Warteschlange einreiht, um das Formblatt zu bekommen, anschließend dieses dann irgendwo abseits des Schalters ausfüllt, um sich dann wieder in die Warteschlange einzureihen und dann endlich das Ticket kaufen zu können. In Summe haben wir für das Kaufen der Bahntickets gut eine Stunde gebraucht.
Damit war die Weiterreise geklärt und wir haben auf dem Rückweg ins Hotel die nähere Umgebung erkundet . Natürlich mussten wir unsere neugierigen Nase gefühlt in jede kleinere Gasse des Bezirkes Paharganj halten: Vom Wäschefärber, Müllsortierer bis zum Chai-Verkäfer eröffnet sich für uns Europäer eine andere Welt. Man merkt auch, dass man ein Fremdkörper ist. und teilweise misstrauisch beäugt wird. Dass Indien ein Patriarchat ist, erkennt man sofort: Der Anteil der Männer auf den Straßen ist extrem hoch.
Woran ich mich noch gewöhnen muss, ist dass man überall von den Indern freundlich angesprochen, woher man kommt, wohin man geht, und dass man das offizielle Tourist-Office aufsuchen soll, um Züge zu buchen oder dass man das offizielle Tourist-Office nicht aufsuchen soll, da dort keine Tickets verkauft werden. Natürlich wollen sie einem nichts verkaufen, sondern sind gerade zu einem Freund unterwegs. Sie sind alle sehr freundlich und so lässt man sich natürlich auf das Gespräch ein; man will ja auch Kontakt zu den Einheimischen. Hat man sich einmal darauf eingelassen, hat man einen ständigen Begleiter an seiner Seite. Bleibt man zum Fotografieren stehen, bleibt er auch stehen. Guckt man sich irgendetwas genauer an, wird sofort drauflos geplappert, ob man sich für dieses oder jenes interessiere. Er will nichts verkaufen, nur gute Tipps geben. Diesen Begleiter wieder loszuwerden ist gar nicht so einfach - man möchte ja auch nicht unhöflich sein.
Am Nachmittag waren wir dann im Gurudwara Bangla Sahieb Tempel. Ein rissiger Marmorbau und der größte Sikh-Tempel Delhis. Bevor man den Tempel betritt, muss man die Schuhe ausziehen und in einem bestimmten dafür vorgesehenen Raum abgeben. Wie wir es bei einer Garderobe kennen, erhält man eine Marke mit eine Nummer. Diese gibt man dann nachher wieder ab und erhält seine Schuhe (auf der Sohle der Schuhe steht manchmal noch die Nummer mit Kreide geschrieben). Interessant war für mich, dass der Sikh, der die Schuhe entgegen nahm, diese an die Stirn hob und fast berührte, bevor er sie ins Regal stellte.
Nachdem man seine Schuhe abgegeben hat, muss man seinen Kopf bedecken. Dazu stehen überall riesige Körbe mit Tüchern. Man nimmt sich eins raus, bindet es sich um den Kopf und beim Verlassen legt man es wieder in denselben Korb.
Fotografieren ist in dem Tempel eigentlich verboten, aber viele Einheimische zücken das Handy und machen ungeniert Fotos. Die große Kamera sollte aber im Rucksack bleiben.
Ich bedaure, dass man zu wenig über die anderen Religionen und Rieten weiß (und ich mir das alles auch nicht merken kann). So bleibt einem nur, mit staunenden Augen durchzulaufen. Der Sikh-Tempel ist pachtvoll gestaltet, jedoch gibt es im Gegensatz zu den hinduistischen Tempeln keine bildlichen Darstellungen. Die Sikh-Religion verehrt einen gestaltlosen Schöpfergott, der weder Mann noch Frau ist. Ein weiteres wesentliches Merkmal sind die Abkehr von sogenanntem Aberglauben und traditionellen religiösen Riten, wie sie im Hinduismus vorherrschen. Auch das Kastensystem wird von den Sikh abgelehnt.
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